In der hier schon historischen trapezmetapher haben wir ja erörtert, dass man eine kurze leere, ein drohendes vakuum akzeptieren muss, damit die dinge, die man aufgegeben hat, wie mehrfache zauberbesen zurückkommen, jedoch in anderer, meist besserer form.
Und auf diesem prinzip beruht es auch, dass ich zum gelben buch kam. Es stammt von albert espinosa (el mundo amarillo), wurde auf spanisch geschrieben, liegt mir aber leidergottes nur in der deutschen form vor.
Wie kam ich zu diesem buch. Ich wollte wieder einmal welche loswerden. Sechs stück. Ich fotografierte sie noch andächtig für mein internet fotodiary und verschaffte die exemplare danach direkt in die öffentliche bücherbox (in wieden). Es war fast nix in der box drin. Und wenn, dann nur alte schinken. Aber ein appetitliches glänzte mich sofort an. Espinosas buch auf deutsch nämlich. Ich tauschte also sechs meiner schinken gegen ein neues schlankes und begann sofort, es zu lesen. Ein bub hat krebs, von 13-23 kämpft er gegen ihn an: bewältigt ihn – wenn auch mit herben verlusten. Er lernt während der vielen spitalsaufenthalte viele, teils sterbende, menschen kennen. Von all jenen nimmt er die letzten messages mit, quasi vermächtnisse. Es gefällt mir so vieles an dem buch. Albert mag zahlen und listen, wie ich. Menschen kurz vorm tod, kinder und narren sagen die wahrheit. All die wahrheiten hat albert ins buch gepackt. Ich will hier nur exemplarisch die fermin-wahrheiten anführen und euch, oh hochwohlgeneigte leserschaft, zum kauf des isbn 978-3-442-22024-3 (goldmann, dt, 2013) animieren. Sechs schritte zum glück von fermin.
– 1nein zu dem was du nicht willst
– 2nein zu dem was du willst von dem du aber weisst dass du es eigentlich nicht willst.
– 3Nein zu kompromiss
– 4Nein wenn du weisst, dass du ein versprechen ja doch nicht halten kannst
– 5Nein zu übermaß
– 6‚nein zu dir selbst‘ (??!)
(leicht redaktionell abgeändertes zitat, source der übersetzung von s.hagemann, aus obig angeführtem buch)
mir helfen fermins wahrheiten nämlich enorm beim bewältigen meiner art, wie ich das ehrenamt nach 3 jahren inbrünstiger arbeit aufgab und mich nun elegant davonmache. Da trifft stark nr 1 zu. Nr 2 (ich will zwar durch soziale arbeit leute kennenlernen aber mich nicht deshalb mit launischen maschinen (etwa mobiltelefon unbekannter technik) auseinandersetzen müssen). Ich will nicht dass das ehrenamt anfängt, mein privates leben zu dirigieren und mich ins burnout treibt, wo doch der brotberuf immer im vordergrund zu stehen hat.
kompromiss? Ne kompromiss gab es keinen. Das ehrenamtPlus hätte man ganz tun sollen oder eben garnicht. Immerhin geht es hier um bedürftige menschen. Wer die belastbarkeit nicht hat, soll sich um seinen eigenen kram kümmern. Egoistische und traurige tatsache.
nr 4 trifft ganz enorm zu. Im in-anspruch-nehmen der plus-ausbildung hatte ich mich eigentlich schon committet, nur kurz vor vertragsunterzeichnung überwallte mich die panik, dass ich ein mobilgerät bekommen hatte, das eh tut was es will und mit dem in der hand ich vorm kunden dann einen hysterischen kriegen würde. fatalistische und traurige tatsache.
ich bin ein mensch. Ich arbeite sozial und ich will mit menschen zu tun haben und deswegen nicht mit sprunghaften maschinen arbeiten müssen weil dann wäre ich ja maschinist, hipster, yuppie, nouveau-riche oder bobo geworden!
5. Das übermaß: ja es wäre in dem fall ein übermaß an commitments geworden. Ich ertappe mich mehr und mehr, dass ich versprechungen gebe, zugeständnisse mache – und dann kurzerhand den schwanz einzieh, mich verflüchtige. Ich war früher nie so, nie! Der kleine feine unterschied: einstweilen hab ich auf meine alten tage NEIN sagen gelernt. Nein nein nein. Nein die suppe ess ich nicht und basta. One time for all.
die nr sechs ist mir sowieso unklar. Ich sage NEIN ich steh zu mir selbst. Also wo ist das problem.
albert erklärt das schwammig bis garnicht. Auch spricht albert von sieben punkten. Den 7ten finde ich nicht. Aber es gibt so viele glückstipps und damit kleine, teils numerierte listen von albert. Diese wahrheiten, die er da verpackt hat: für die haben andre leute ihr leben gegeben.
berührend ist, dass albert zum leben, das er zurückgeschenkt bekommen hat – dem eigenen – 3,7 leben der verstorbenen freunde dazubekommen hat. Ident mit einem schon zuvor dagewesenen denkansatz von mir. Wenn jemand – speziell vor seiner zeit – gehen muss, hat man die verantwortung dafür, das eigene leben auch in SEINER vertretung weiterzuleben. in diesem sinn: im gedenken hier an fermín – und dem albert e. noch ein schönes langes leben. er ist so jung wie meine kleine schwester./720w